Da steht Peter Stranninger nach seiner Rede, hinter ihm der Boxring, vor ihm sein Publikum, und es wäre zu viel gesagt, dass die Halle tobt. Aber lang und kräftig ist der Applaus schon, und sogar die immer kritischen Jusos wirken zufrieden. „Vielen Dank für diese Rede“, sagt Juso Torben Hüsing, „ich fand sie sehr mitreißend“, bevor er Stranninger denn doch noch mit auf den Weg gibt, dass es in der Stadt auch einige Hundert Studenten gibt, deren Ideen für Straubing man „nicht zu kurz kommen lassen“ dürfe. Es war in der Tat eine gute Rede von Peter Stranninger, engagiert, klar und authentisch.
„Jujujujuju!“ hatte Juso-Chef Marvin Kliem schon vorher gejuhut, als Hans Lohmeier Stranninger vorschlug, mit „S wie Stadtrat, S wie sozialdemokratisch, S wie Stranninger!“ Zuvor hatte sich SPD-Chef Olaf Sommerfeld noch einmal alle Mühe gegeben, die Spannung bis zu Lohmeiers Vorschlag aufrechtzuhalten. „Heute“, hatte Sommerfeld gesagt, „wollen wir unseren Kandidaten oder unsere Kandidatin bestimmen“ und sich selbst aus dem Tagblatt zitiert: „Ich habe gelesen, dass der Name mit S beginnen soll.“ Nach Lohmeiers Vorschlag war dann auch offiziell klar, dass sich Sommerfeld richtig zitiert hatte.
In der Pfauenstraße auf Angriff
Stranninger, seit 24 Jahren im Stadtrat und seit fast genauso lang immer wieder gehandelt als Hoffnungsträger der hiesigen und heftig krisengeschüttelten Sozialdemokratie, trägt nun tatsächlich die Hoffnungen der Partei. 60 Menschen sind zu Stranninger in die Boxarena gekommen, die Hälfte davon Straubinger Parteimitglieder, der Rest aus dem Umland oder Vertreter eingeladener Vereine. „Ich muss seinen Mut bewundern“, sagen einige von ihnen nach seiner Rede, „dass er das macht.“ Über Jahrzehnte war die Straubinger SPD auf Augenhöhe mit der CSU. Drei ihrer Oberbürgermeister haben 30 Jahre lang regiert. Auch die Fraktion war immer eine ernsthafte Herausforderung für die CSU. Inzwischen ist Straubings SPD tiefer gestürzt als selbst die Bundes- SPD. Aber Stranninger wirkt, als mache ihm das rein gar nichts aus: „Mut!“, sagt er immer wieder, „Mut!“ In seiner Rede spricht Stranninger frei, nur ein paar Stichpunkte stehen auf dem Papier in seiner Hand. Zunächst verliert er sich ein wenig im Klein-Klein, sein erstes Thema sind fehlende Radlständer am Stadtplatz; das Thema gerät ihm etwas zu lang. Aber dann findet er sich.
„Sieben Jahre nix passiert“
Ein wachsendes Straubing braucht eine Pädiatrie, fordert Stranninger, eine Kinderklinik. Das hat der CSU-Kandidat zwar auch auf dem Zettel, aber Stranninger geht einen Schritt weiter: Er will Geld dafür in die Hand nehmen, weil „die Stadt is koa Sparkasse“, und er verspricht: „Mit unserer Fraktion schaff ma des a!“ Wohnungsbau ist ein großes Thema. Dass im Straubinger Wohnungsbau 15 Prozent für sozialen Wohnungsbau reserviert werden, „das war unser Antrag! Aber ich glaube, 15 Prozent reichen nicht mehr“. Und dann kommt ein Frontalangriff. Es geht um das Hochhaus Pfauenstraße. „Der Wahnsinn!“, ruft Stranninger, „sieben Jahre vergangen! Und gar nix is passiert“. Er wirft Oberbürgermeister und CSU vor, sich nicht selber an die Sanierung getraut zu haben, schildert den Verkauf an einen Investor und die Rückabwicklung dieses Verkaufs, und was die Stadt jetzt vorhat: „Jetzt sinds auf die Idee gekommen: Eigenkapitalerhöhung!“ ruft Stranninger, „Ja, richtig! Des ham wir scho immer gesagt! Damit sie das jetzt machen können, was wir seit sieben Jahren gesagt ham!“
Kämpferische Rede auf Bairisch
Stranninger hält seine Rede auf Bairisch, das gibt ihr Kraft, das macht ihn authentisch, selbst auf die Gefahr hin, dass ihn ein Gutteil seiner Jusos nur teilweise versteht. Aber das war in der SPD immer schon so, dass Jusos und ältere Generation sich nicht ganz verstanden haben, und an diesem Abend verstehen die Jusos ihn sowieso, eben weil seine Sprache ihn kämpferisch auftreten lässt. Sogar einen Angriff auf die Straubinger Stadtverwaltung kann ihm Juso-Chef Kliem entlocken. Dass Regensburg ein attraktives Nachtleben habe, liege einerseits an den vielen Studenten dort, aber nicht nur, erklärt Stranninger: „In Regensburg sind sie a bissl entspannter im Ordnungsamt.“ Zum Schluss ruft Stranninger noch einen mutigen Satz: „Ich weiß, wir haben in Straubing das Potenzial!“ Dann steht er da und er schaut in den Applaus, und während der Saal auf das Stimmergebnis wartet, spielt die Band All right now. Ein bisschen hatten manche Beobachter ja auf „Conquest of Paradise“ als Soundtrack dieser Nominierung gehofft, mit dem Henry Maske einst in den Ring zog, bis er seinen letzten Kampf verlor. Aber sie spielen „Couldn‘t get it right“, einen Rockklassiker aus den 70ern, sehr klar, sehr authentisch. Und dass Stranninger bei der SPD in der Boxarena das richtige Ergebnis bekommt, war von vornherein klar: nur zwei Enthaltungen, der Rest lauter Ja.
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