Wer ist Peter? Seine Freunde nennen ihn nur August. Als DJK-Fußballer hat er auf Mannschaftsfahrten im Bus immer zum Mikrofon gegriffen und witzige Geschichten erzählt über Gott und die Welt. Hauptakteur war dabei immer ein fiktiver Charakter namens August. Seitdem ist Peter Euler „August“. Jetzt ist dieses Mysterium auch mal gelüftet. Am heutigen Samstag wird der SPD-Stadtrat, der auf 31 Jahre Zugehörigkeit im Plenum zurückschauen kann, mitunter ein provokanter Zwischenrufer, im Bauausschuss geradezu ein Urgestein und langjähriges Mitglied im Aufsichtsrat der Ausstellungs GmbH ist, 65 Jahre.
Fast nicht zu glauben, denn er gehört zu jenen Beneidenswerten, die ein Stück Jugendlichkeit gepachtet zu haben scheinen. Das Markenzeichen Mähne ist zwar sichtlich gezähmt, die ausgeprägte Abneigung gegen Krawatten allerdings geblieben und die Jeans als bevorzugtes Kleidungsstück auch. Dass so ein lässiger Typ bei pubertierenden Schülern gut ankommt, mit denen es Euler zeitlebens als Volksschullehrer der letzten drei Jahrgangsstufen zu tun hatte, liegt auf der Hand. Vom ersten lockeren Eindruck sollte sich ein Schüler aber nicht täuschen lassen, hält er entgegen, ihm sei immer wichtig gewesen, auch Grenzen aufzuzeigen. Umso mehr freut ihn, wenn er noch heute zu Klassentreffen seiner Ehemaligen eingeladen wird.
Die 65 macht dem heuer zum Zwischenzeugnis pensionierten Lehrer und mehrere Jahre alleinerziehenden Vater („das hab’ ich ganz gut hingekriegt“) zweier inzwischen erwachsener Kinder gar nichts aus. Er freut sich diebisch, im relaxten Loriot’schen Sinne „endlich einmal einfach nur so sitzen“ zu dürfen, auf seiner Terrasse im Grünen nämlich und ohne dass seine Gedanken zu Korrekturen oder Unterrichtsvorbereitungen abdriften. Und Schulreformen, Etikettenwechsel von wegen Mittelschule und zunehmender Bürokratie trauert er auch nicht nach. Den Anschein, sich aufs Altenteil zurückzuziehen, macht er ganz und gar nicht. Dafür tanzt er dann doch auf zu vielen Hochzeiten: Er ist seit fast 30 Jahren rühriges Mitglied im Kirchenvorstand der Christuskirche, Kassier beim Hausmeisterverein (dem eigentlich kaum ein Hausmeister angehört) und beim SPD-Stadtverband und aktives Vereinsmitglied beim FC Alburg. Gerade eben hat er im Stadtrat mit seiner nur auf den ersten Blick profanen Initiative Erfolg gehabt, die Aktion „Nette Toilette“ in Straubing zu etablieren. Gastronomen erlauben dabei Passanten, ihr stilles Örtchen aufzusuchen, selbst wenn sie nicht gerade Gast sind. Dafür erhalten sie eine kleine Aufwandsentschädigung der Stadt. Buchführen über Anträge und Sprechstunden zu halten liege ihm nicht, sagt er, lieber greife er zum Telefon und versuche, Bürgeranliegen auf dem kurzen Dienstweg zu lösen. An seinen ersten Antrag im Plenum in der Ära Scherl erinnert er sich aber noch sehr gut. Er beantragte ausgerechnet eine Gleichstellungsbeauftragte – mit Erfolg. Dabei hatte die SPD-Fraktion damals keine einzige Frau in ihren Reihen. „Wer hätte den Antrag stellen sollen?“
Dass die SPD sich auf acht Stadtrats-Sitze geschrumpft, aber auch auf Bundesebene, angesichts des Zulaufs kleiner Parteien und Gruppierungen warm anziehen muss, daraus macht er kein Hehl. Aber, da ist Euler sozialdemokratisch selbstbewusst genug, in Straubing könne sie aus ihrer 18-jährigen OB-Ära einiges vorweisen: Übernahme des ÖPNV, Fraunhoferhalle, Südring, Fortschritte im Industriegebiet und... und.. und....
Von 1974 bis 1985 war Peter Euler Juso-Vorsitzender. Er hat dabei einiges bewegt, auch gerne mit Karl Marx’ Kapital provoziert, viel diskutiert. „Dabei haben wir noch den Gäubodensozi ganz ohne Computer herausgegeben und Überschriften mit Abziehbuchstaben gebastelt“, erinnert er sich, und damit mehr Leute erreichen können als heute.
Seit 1975 ist er SPD-Mitglied. „Das Bafög der sozialliberalen Koalition hat es möglich gemacht, dass ich studieren konnte.“ 2004 erhielt er die Goldene Bürgermedaille, als „kein genormter Karrierestadtrat von der Stange“, wie ihm der damalige OB Reinhold Perlak in seiner Laudatio bescheinigte. Berührungsängste zu Räten aus anderen Fraktionen hatte er nie. Mit Eduard Gruber und Edwin Hirtreiter von der CSU, zwei Haudegen des Bauausschusses, war er befreundet und die temperamentvollen rhetorischen Duelle mit Rudi Lichtinger vermisst er nicht minder. Nach Sitzungen hat man sich bei einem Bier selbst nach hitzigen Verbalattacken versöhnt und über Gott und die Welt geratscht. Das hat Euler immer geschätzt und dafür wird er geschätzt. Vielleicht gibt es ja ein Revival der damaligen Debattenkultur. „Als Pensionist habe ich mehr Zeit für die Stadtratsarbeit“, sagt er und lacht.
Monika Schneider-Stranninger