Bei der SPD-Wahlkreiskonferenz in Viechtach wurde sie noch fast einstimmig als Bundestagskandidatin nominiert, bei der Listenaufstellung ihrer Partei in Nürnberg dann auf den wenig aussichtsreichen Platz 26 gesetzt. Dass sich Johanna Uekermann aus Mitterfels, Bundesvorsitzende der Jusos und Aushängeschild der SPD in Stadt und Landkreis, dem Regionalproporz ihrer Partei beugen musste, hat bei den Genossen in und um Straubing für herbe Enttäuschungen gesorgt. Innerhalb weniger Tage erklärten gleich vier SPD-Funktionäre ihren Rücktritt, der Bürgermeister von Perasdorf trat aus der Partei aus. Wir befragten den Vorsitzenden des SPD-Stadtverbandes, Dr. Olaf Sommerfeld, Fraktionsvorsitzenden Peter Stranninger und den früheren Oberbürgermeister und Landtagsabgeordneten Reinhold Perlak zu den Turbulenzen.
„Eine so talentierte junge Frau wie Johanna Uekermann, die bundesweit Wertschätzung genießt, hätte bezirks- und bundesweit einen besseren Platz verdient gehabt“, betont SPD-Urgestein Reinhold Perlak auf Anfrage des Straubinger Tagblatts und bezeichnet die Nürnberger Entscheidung als „sehr bedauerlich“.
Perlak: Rücktritt „nützt niemandem“
Dass aber deshalb langjährige SPD-Funktionäre zurücktreten, hält der frühere Straubinger Oberbürgermeister und Landtagsabgeordnete, der sich selbst vor zweieinhalb Jahren aus der aktiven Politik zurückgezogen hat, für keine geeignete Reaktion: „Diese nachträgliche Reaktion nützt niemandem, auch Johanna Uekermann nicht.“ Vielmehr hätte man schon im Vorfeld agieren müssen, sagt Perlak. Seiner Meinung nach wäre „eine organisatorische Lösung möglich gewesen, die weder dem Bezirks- noch dem Landesvorsitzenden der SPD geschadet und auch die bisherigen Mandatsträger geschont hätte“.
Damit spielt Perlak indirekt auf eine von vielen SPDlern favorisierte Lösung an: Landesvorsitzender Florian Pronold hätte auf der Landesliste auf Platz 1 verzichten können. So hätte er den Weg für Uekermann freigemacht, ohne dass die bisherigen Mandatsträger weichen hätten müssen. Weil die SPD im Reißverschlussverfahren abwechselnd Frauen und Männer auf die Liste setzt, hätte sich nur die Reihenfolge geändert: statt Mann-Frau dann Frau-Mann.
Stranninger: SPD nicht mit jungen Leuten gesegnet
Drastische Worte findet Peter Stranninger für den Parteitag in Nürnberg. Der Umgang mit Uekermann „spottet jeder Beschreibung“, betont der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat. „Genau wie alle anderen in Niederbayern bin ich maßlos enttäuscht“, sagt er. „Sie ist immerhin die Juso-Bundesvorsitzende und nicht irgendeine ehrgeizige junge Frau, die niemand kennt.“ Uekermann hätte aufgrund ihres Alters die SPD jahrzehntelang prägen können. Ein Umstand, der einer Partei, die nicht gerade mit vielen jungen Gesichtern gesegnet ist, durchaus gut täte, lässt Stranninger durchblicken.
Dass nun langjährige Parteifreunde den Bettel hinwerfen und von ihren Parteiämtern zurücktreten, kann er nachvollziehen, doch für ihn selbst sei das kein Weg. Die jetzt verwaisten Ämter neu zu besetzen, nennt Stranninger „eine besondere Herausforderung“.
Zurücktreten und damit die Segel streichen, ist auch für den SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Dr. Olaf Sommerfeld keine Lösung. Ein „weiter so“ werde es aber mit ihm auch nicht geben, betont er. Er will jetzt „vehement“ für eine Änderung der Parteisatzung eintreten, was die Aufstellung und Reihung der Listenplätze betrifft, denn „das jetzige System ist gescheitert“. Zudem müsse an der in der Partei herrschenden Mentalität gearbeitet werden, denn es gebe „keinen innerparteilichen demokratischen Prozess“, fährt Sommerfeld schwere Geschütze auf und spricht in diesem Zusammenhang auch von „fataler Außenwirkung“: „Der nächste Wahlkampf wird schwierig.“
Sommerfeld: Uekermann unterstützen und wählen
Zunächst gelte es aber für die SPD, sich im Unterbezirk neu aufzustellen, denn die nach den Rücktritten vakanten Posten müssten wieder besetzt werden. Dabei hofft Sommerfeld auch darauf, dass sich die jetzt zurückgetretenen Funktionäre vielleicht doch noch anders besinnen und wieder mitarbeiten: „Ich möchte hier keine Türen zuschlagen.“
Und er fordert die Parteibasis auf, sich jetzt erst recht im Bundestagswahlkampf für Uekermann kräftig ins Zeug zu legen: „Bei einem Plus von fünf Prozent gegenüber der letzten Wahl wäre sie auch mit Platz 26 im Bundestag.“ Sommerfeld ist zudem sicher, dass die Kandidatin selber nicht aufgibt: „Johanna Uekermann steckt nicht zurück, sie wird einen engagierten Wahlkampf liefern.“
Straubinger Tagblatt | Straubinger Rundschau | 20.12.2016 | -Anna Rieser-