Würdigung für bayerischen Helden

Gedenkveranstaltung für den SPD-Landtagsabgeordneten Josef Laumer, einen Straubinger, der vor 90 Jahren gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten stimmte

Würdigung
Würdigten den mutigen Sozialdemokraten Josef Laumer: von links OB Markus Pannermayr, Urenkel Robert Joringer, Großneffe Franz Laumer, Stadträtin Gertrud Gruber, Landtagskandidat Marvin Kliem, Generalsekretärin Ruth Müller, Enkel Stefan Stankovic und Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher.

Alle sind sie gekommen, um diesen Helden gebührend zu würdigen. Stadträtin Gertrud Gruber brauchte deshalb einige Zeit, bis sie alle Gäste begrüßt hatte. Thema des Abends: Das vor 90 Jahren erlassene bayerische Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten, das die Demokratie mit Parteienverbot, Verhaftungen, Folter und KZ für Andersdenkende abschaffte, wurde mutig von 16 bayerischen Abgeordneten abgelehnt. Einer davon: Josef Laumer aus Straubing.

Auch für Oberbürgermeister Markus Pannermayr war es eine „Selbstverständlichkeit“ an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Er betonte, dass man heutzutage oft wichtige Dinge wegen Nichtigkeiten aus dem Blick verliere. Die Haltung aber, die die damaligen Sozialdemokraten in lebensgefährlichen Zeiten mit allen Konsequenzen zeigten, dürfe nie vergessen werden. Immer kompromisslos nicht nur bei sozialen Anliegen agieren. Das sei die Stärke der Sozialdemokratie.
Auch die Errungenschaften der beiden Straubinger SPD-Oberbürgermeister Geisperger und Perlak von denen man heute noch partizipiere, würdigte Pannermayr mit dem Blick auf Straubing. Achtsamkeit im Umgang miteinander müsse immer eine hohe Priorität haben. Demokraten müssten zusammenhalten: „Auch Straubing war betroffen von der schlimmen NS-Zeit. Das waren keine anderen Leute als heute“, so das Stadtoberhaupt.

Geschichte von Blut Schweiß und Tränen
SPD-Generalsekretärin Ruth Müller betonte in ihrer Ansprache, dass mit dieser Gedenkfeier diese bayerischen Helden und ihr Einsatz für Rechtstaatlichkeit und Demokratie eine entsprechende Würdigung erführen.
Und dann betrat der Vizepräsident des Bayerischen Landtags Markus Rinderspacher das Podium. Als Historiker hatte er die Coronazeit genutzt und Recherche über diese Zeit betrieben. Sein Fazit: „Keine andere Parteiengeschichte sei so sehr mit der Seele des Freistaats Bayern verknüpft wie die Historie der Bayern-SPD.“ Sie sei die Achse des sozialen Zusammenhalts und gebe dem Gemeinwesen seit 130 Jahren Sinn und Charakter. Es sei die SPD gewesen, die aus Bayern einen Freistaat, aus der Monarchie eine Demokratie und aus der Herrschaft des Einzelnen eine Herrschaft des Volkes gemacht habe.
Vasallen und Geknechtete seien zu Arbeiterinnen und Arbeitern mit Rechten und Würde geworden. Auch dies Dank couragierter Frauen und Männer der Sozialdemokratie.
Es sei aber auch eine Geschichte von Blut, Schweiß und Tränen. Damit spannte er den Bogen zu den Ereignissen des 29. April 1933, an dem sich 16 mutige SPD-Abgeordnete in einer Plenarsitzung des Bayerischen Landtags mit „Nein!“ gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmten. Einer von ihnen: Josef Laumer aus Straubing. Geschichtswissenschaftliche Literatur liege in Bayern kaum vor. Materialien, Berichte, Protokolle, etc. seien zum Selbstschutz der betroffenen Sozialdemokraten oder von regionalen NS-Funktionären vernichtet worden. Selbst heute sei das Thema in schulischen Lehrpläne Fehlanzeige, bedauerte Rinderspacher. Die parlamentarischen Widersacher von damals würden mit dem Widerstand gegen Hitler eher weniger in Verbindung gebracht.
Und dann berichtete Rinderspacher spannend und persönlich sichtlich berührt von den Ereignissen rund um den 28. April 1933 in Bayern. Beginn der Sitzung 9.04 Uhr. Ende für 10.30 Uhr geplant. Die Nazis waren mit 43,1 Prozent weit entfernt von einer Zweidrittel-Stimmenmehrheit, die für den Erlass des Ermächtigungsgesetzes nötig war. Die wurde mit Gewalt durchgesetzt. Alle Parteien stimmten dem Ermächtigungsgesetz zu, das der Diktatur alle Rechte an die Hand gab. Bis auf die SPD. Einer davon, wie gesagt, war der Straubinger Josef Laumer.

Hassbotschaften und Todesliste
Rinderspacher betonte zum Schluss der „Jahrhundertbiographie Laumer“, dass die Parteigeschichte der SPD aus edlem Holz von Furchtlosigkeit und Dranbleiberqualitäten geschnitzt sei: „Unsere Fahne hat den Glanz von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.“
Lang anhaltender Applaus war der Lohn für diesen detailreichen und exzellent recherchierten Vortrag. Wie couragiert ist die Jugend heute? In einer kurzen, abschließenden Gesprächsrunde, die von Ruth Müller geleitet wurde, betonte Marvin Kliem, Direktkandidat der SPD für den Landtag, dass der Rechtspopulismus leider wieder erstarke und sich deshalb viele Menschen nicht trauen würden, ihre Meinung zu äußern. Er selbst habe oft mit Hassbotschaften in den sozialen Netzwerken zu kämpfen, wenn er sich dazu bekenne, Sozialdemokrat zu sein. Ruth Müller und Markus Rinderspacher seien sogar schon auf einer Todesliste entdeckt worden.
Franz Wacker, Landesvorsitzender der KLJB dagegen setzt auf Persönlichkeitsbildung in Jugendverbänden und Vereinen. „Jugendliche für das Leben stark machen“ ist sein Motto. Wahlalter auf 16 Jahre herabsetzen? Ja! Vorbilder: Geschwister Scholl und Luise Schröder. Und Markus Rinderspacher würde zu gerne mit Dr. Wilhelm Högner, dem begnadeten Redner gegen Hitler, einen Kaffee trinken.

  • Bernd Vogel

Wer war Josef Laumer?

Laumer, kam, wie fast alle SPDler, aus einfachen Verhältnissen. Geboren 1887 in Salching als Sohn eines Mühlknechts war seine erste berufliche Tätigkeit die eines landwirtschaftlichen Arbeiters. Er wechselte oft seine Tätigkeiten, z. B. als Rangierer, nach der Kriegsteilnahme 1918 als Säger, Maschinen- und Akkumulatorenwärter.
Immer aber auch engagiert als Politiker. 1919 Eintritt in die SPD. Von 1924 bis 1933 Mitglied im Stadtrat Straubing. Sein Credo : Hilfe für Bedürftige, für Menschen in Not. Auf allen Ebenen. Dafür wurde er von den Nazis hart bestraft. Gefängnis, KZ in Dachau, wieder Inhaftierung wegen Verrats der Tochter eines SPD-Funktionärs, vier Jahre Zuchthaus wegen Hochverrats. Auch seine Frau und seine Tochter kamen in Haft.
Nach 1945 stieg Laumer zum Leiter des Arbeitsamts Straubing auf und ging als Regierungsrat in Pension. Die Wiedergründung der SPD in der Stadt Straubing beantragte er bei den amerikanischen Militärbehörden. Die Genehmigung wurde am 15. September 1945 erteilt. Als Landtagsabgeordneter forderte er die Bayerische Staatsregierung auf, die Kommunen besser finanziell zu unterstützen. Und immer wieder hob er mahnend im Parlament den Finger gegen noch immer „nazifreundliche“ Politiker. Am 13. Mai 1073 verstarb Josef Laumer 86-jährig in Straubing.

  • Bernd Vogel