"Ben Wisch" wollte sich unbedingt mit früheren Weggefährten zum Plaudern treffen
Als Hans-Jürgen Wischnweski 1946 in die SPD eintrat, konnte niemand wissen, dass er die politische Karriereleiter einmal bis ganz nach oben klettern würde. Er lebte nach dem Zweiten Weltkrieg einige Jahre in Straubing und legte hier den Grundstein für seine Laufbahn im Dienste der Sozialdemokratie. Obwohl er Niederbayern Anfang der 50er Jahre Richtung Köln verließ, ist der Bundesminster a.D. den Weggefährten von einst immer noch verbunden. "In Straubing habe ich den Weg zur SPD gefunden und hier wurden vor allem auch meine drei Töchter geboren", sagte Wischnewski am Samstag bei einem Treffen mit den "alten Genossen" im Theresientor. 1946 trat Wischnewski in Straubing in die SPD ein, drei Jahre später ging er für kurze Zeit nach Dingolfing. "Ich musste Geld verdienen, um mir mein Studium zu finanzieren. Denn eigentlich wollte ich Journalist werden", erzählte er. Doch die IG Metall war auf den begabten jungen Mann aufmerksam geworden und holte ihn nach Köln - "dort blieb ich dann hängen".
Wischnweski schaffte es 1957 in den Bundestag und blieb rekordverdächtige 33 Jahre lang Mitglied. "Ich hätte 1990 gerne eine Abschiedsrede im Bundestag gehalten", meint er etwas wehmütig. "Doch ich war damals gesundheitlich einfach nicht in der Lage." Als er 2002 zum 80. Geburtstag eine Karte von den Straubinger Genossen erhielt, sei das eine riesige Freude für ihn gewesen. Er setzte sich sofort an den Schreibtisch und verfasste einen Brief an Helene Joringer. "So war der Kontakt wieder hergestellt", schilderte am Samstag Stadträtin Herta Neumeier, die ebenfalls 1946 in die SPD eingetreten ist. Hans-Jürgen Wischnewski hat die Verbindung zu Straubing nie abreißen lassen, denn eine Tochter lebt immer noch hier, eine weitere in Regensburg. Am Pfingstwochenende wollte er ohnehin nach Straubing kommen, weil der Urenkel Konfirmation feierte. "Diese Gelegenheit haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen und Hans-Jürgen gleich zu unserer Ausstellung in den Salzstadel eingeladen", meinte Herta Neumeier schelmisch. Wischnewski kam gerne - und bat Herta Neumeier gleichzeitig darum, ein Treffen mit den Weggefährten von einst zu arrangieren. So kam man in gemütlicher Runde am späten Samstagnachmittag zusammen, wobei es sich auch einige jüngere SPDler und IG Metaller nicht nehmen lassen wollten, den berühmten "Ben Wisch" näher kennen zu lernen. Seinen Spitznamen hatte der ausgemachte Nahost-Experte Wischnewski vom damaligen Bundeskanzler Willy Brandt erhalten. Wischnewski erfüllte viele Ämter in der SPD und deshalb dauerte es am Samstag auch eine gute Stunde, bis er den andächtig zuhörenden Genossen seinen Werdegang seit 1946 skizziert hatte. "Die aktive Zeit in der Politik war hochinteressant", betonte er zusammenfassend. "Es hat sich gelohnt, diesen Weg zu gehen." Erfahrungen weitergeben Immer wenn es brenzlig wurde, sei er als Feuerwehrmann zur Stelle gewesen. "Zum Beispiel musste ich drei Flugzeugentführungen regeln. Aber immer noch werde ich nur auf Mogadischu angesprochen." Seine Erfahrungen, die er vor allem im Nahen Osten sammeln konnte, möchte er nicht für sich behalten, und deshalb mischt er wieder ganz oben mit: "Gerade war ich bei einem Gespräch mit Gaddafi in Lybien, um Aufträge nach Deutschland zu holen." Auch wenn "Ben Wisch" im Rollstuhl sitzt, präsentierte er sich geistig fit wie ein Turnschuh und steckte sich mit Hochgenuss ein Zigarillo nach dem anderen an. Kurz vor dem gemeinsamen Treffen habe er gerade noch Zeit gefunden, in die neue Brandt-Biografie hineinzuschmökern, mit der Autorin Brigitte Seebacher-Brandt zurzeit für Furore sorgt. "Ich kann zumindest soviel sagen: Was über mich drinsteht, stimmt überhaupt nicht!" Hans Lohmeier wollte schließlich wissen, was derzeit allen Roten Kopfzerbrechen bereitet: "Wie siehst du die Zukunft der deutschen Sozialdemokratie?" Wischnewski nahm einen tiefen Zug: "Das Schicksal der SPD als Regierungspartei hängt davon ab, ob es bald gelingt, die Wirtschaft in Gang zu bekommen und dadurch die Arbeitslosenzahlen zu verringern." Ausdrücklich warnte er vor einer Spaltung der Partei. Grundsätzlich sei der richtige Reformkurs eingeschlagen worden - "die Menschen verstehen, dass gespart werden muss. Sie sind vernünftiger, als Politiker gemeinhin annehmen." Man müsse den Bürgern allerdings manche Schritte viel anschaulicher erklären. "Doch zu der Öffentlichkeitsarbeit dieser Regierung werde ich mich jetzt nicht äußern. Ich will euch ja den Abend nicht verderben?"