Straubinger Tagblatt | Straubinger Rundschau | 02.10.2015
Insgesamt 2 800 innenstadtnahe Parkplätze gibt es derzeit, dazu kommen weitere 600 unbefestigte Plätze am Hagen, die auf der Grafik nicht verzeichnet sind. (Quelle: Stadtentwicklung und Stadtplanung Stadt Straubing) Von Anna Rieser
Sind zehn Minuten zu Fuß viel oder wenig ? Reichen 1 068 Parkplätze in Parkhäusern rund um die beiden Stadtplätze für eine Stadt wie Straubing aus oder nicht ? Sind 2 000 kostenlose Parkplätze und ein ebenso kostenloser Pendelbusverkehr zur Innenstadt in einer Zeit, in der Einkaufen im Internet selbstverständlich ist, noch Werbung für eine Stadt ? Und schließlich: Hängt die Attraktivität einer Stadt ausschließlich vom vorhandenen Parkraum ab ? Das sind Fragen, die in den vergangenen Monaten in der Stadt ausgiebig diskutiert wurden und immer noch werden.
Auslöser für diese Fragen ist der Ruf nach einer Tiefgarage unter dem Theresienplatz. Laut einer Machbarkeitsstudie könnten dort 222 Stellplätze entstehen. Nach neuesten Berechnungen würde das Projekt mindestens 12,7 Millionen Euro kosten und bis zu drei Jahre Bauzeit erfordern.
Eine Entscheidung trifft der Stadtrat voraussichtlich in seiner Sitzung am 23. November. Eine Woche zuvor soll zudem eine Bürgerversammlung zu dem Thema stattfinden. Neben der grundsätzlichen Frage, ob eine Tiefgarage Realität werden soll, gilt es zu klären, ob das Großprojekt von der Stadt in Eigenregie oder von einem Investor gestemmt werden soll.
Sollte die Tiefgarage gebaut werden, hat das auch Auswirkungen auf eine künftige Fußgängerzone am Theresienplatz. Denn dann wäre auch hier eine wesentlich umfangreichere und damit teurere Umgestaltung notwendig. Und wer übernimmt dann diese höheren Kosten, wenn ein Investor ins Spiel kommt? Ist die Wiederherstellung der Oberflächenstrukturen in einer künftigen Fußgängerzone Theresienplatz die Sache eines potenziellen Tiefgaragen-Investors oder die der Stadt ?
Nach einer Operation Tiefgarage schlagen diese Kosten mit immerhin rund 3,9 Millionen Euro zu Buche. Würde die Tiefgarage nicht gebaut, käme die Oberflächengestaltung auf jeden Fall deutlich günstiger. Zahlen hat das Tiefbauamt noch nicht errechnet. Doch kann davon ausgegangen werden, dass die neu zu gestaltende Fläche ohne Tiefgarage wesentlich kleiner ausfällt als mit Tiefgarage. Und eine solche Umgestaltung müsste auch nicht auf einen Schlag gemacht werden, sie könnte vielmehr in mehreren Jahren erfolgen, was sich entlastend auf den städtischen Haushalt auswirkt.
Reaktion auf künftigen Wanninger-Sportfachmarkt
Mit der Forderung nach einer Tiefgarage hatte der innerstädtische Handel auf die Ankündigung von Möbel Wanninger reagiert, sein Sortiment um einen 2 000 Quadratmeter großen Sportfachmarkt zu erweitern. Unternehmer Franz Wanninger warf eine Investitionssumme von zehn Millionen Euro und 30 neue Arbeitsplätze in die Waagschale. Dem wollte und konnte sich der Stadtrat nicht verschließen. Gleichzeitig versicherte der Oberbürgermeister, dass auch die Innenstadt gestärkt werden sollte.
Der Einzelhandel forderte daraufhin eine Tiefgarage am Stadtplatz, denn geschäftsnahe Parkplätze, die den Kunden maximale Bequemlichkeit bieten, werden von ihnen als wichtigster Pluspunkt im schärfer werdenden Wettbewerb gesehen. Bei dem Ruf nach mehr Parkplätzen stützen sich die Befürworter unter anderem auf eine Verkehrsanalyse aus dem Jahr 2005. In einer Befragung von Straubinger Haushalten wird Parkplatzmangel am Vierthäufigsten genannt, wenn es um Verkehrsprobleme geht – was acht Prozent aller Verkehrsprobleme entspricht. Wenn es um Verbesserungen im Verkehrsbereich geht, wird die Schaffung neuer Parkplätze am Fünfthäufigsten genannt, das entspricht zehn Prozent der genannten Vorschläge. Dabei werden insbesondere mehr Parkplätze auf dem Stadtplatz und allgemein in der Innenstadt gefordert. Doch sind zehn Prozent tatsächlich eine ausreichende Grundlage für eine 12,7 Millionen teure Tiefgarage, die 222 Parkplätze aufweisen wird?
Freie Parkplätze in der Innenstadt
Blickt man auf die nackten Zahlen, ist die Innenstadt mit Parkplätzen mehr als gut ausgestattet. Die Straubinger könnten also durchaus kräftig Werbung machen mit dem, was sie haben. Insgesamt gibt es 3400 Parkplätze. Der größte Teil davon, nämlich 2 000 Stellplätze Am Hagen (1 400 davon auf befestigtem Grund, 600 auf unbefestigtem), sind völlig kostenlos. Wer von dort den maximal zehnminütigen Fußweg in die Innenstadt scheut, der kann in den ebenfalls kostenlosen Pendelbus steigen – bequemer und billiger geht es nicht. Der Großparkplatz Am Hagen ist ein Alleinstellungsmerkmal, andere Städte beneiden die Straubinger darum.
Dazu kommen noch 1068 Stellplätze in den Parkhäusern rund um die beiden Stadtplätze: im Westen das Theresien-Center (520 Stellplätze) und das Theresien-Tor (125), im Osten das Parkhaus Ost (280) und auf der Nordseite die Tiefgarage im früheren Kaufhaus Paul (105) sowie die Tiefgarage im Kaufhaus Wöhrl (38).
Hier kann man zwar nicht umsonst parken, doch zum Teil sehr günstig: So kostet beispielsweise die Stunde Parkzeit im Paul nur 60 Cent, was bei Kurzzeitparkern besonders gut ankommt. Und für Tagesparker ist das Theresien-Center mit 2,50 Euro am Tag der Hit.
Zu den Parkplätzen am Großparkplatz Am Hagen und in den Parkhäusern und Tiefgaragen kommen noch 123 Stellplätze entlang diverser Straßen dazu, wie beispielsweise entlang der Wittelsbacher Straße. Zudem gibt es noch weitere 177 Parkplätze, die am südlichen Stadtgraben existieren: im Steiner-Thor (63), bei Woolworth (37), am Wimmer-Parkplatz (50) und am Viktualienmarkt (27).
Interessant ist auch ein Blick auf die Auslastung. Am beliebtesten sind die Kurzzeit-Parkplätze an der Simon-Höller-Straße, in Teilen der Rosengasse, in Flurlgasse und in Oberer und Unterer Bachstraße. Am wenigsten ausgelastet sind Viktualienmarkt, Alte Post, Kolbstraße, Pettenkoferstraße sowie das Paul-Parkhaus. Das heißt, auch in unmittelbarer Nähe zum Stadtplatz gibt es ständig freie Parkplätze. Für manchen Autofahrer besteht nur das Problem, sie auch zu finden.
Verbesserungen durch neues Parkleitsystem
Damit das in Zukunft leichter wird, möchte die Stadt ein verbessertes Parkleitsystem einführen. Deshalb lässt das Tiefbauamt gerade eine Studie erstellen, die verschiedene Systeme untersucht und deren Kosten ermittelt. Am effektivsten wäre ein dynamisches System, das schon an den Einfallstraßen genau anzeigt, wie viele Parkplätze in welchen Tiefgaragen und Parkhäusern gerade frei sind. Damit könnten Autofahrer freie Plätze gezielt ansteuern. So ein dynamisch reagierendes System ist aber teuer: Konzepte in Städten mit vergleichbarer Größe wie Straubing kosteten laut Tiefbauamt weit über eine Million Euro.
Ein statisches System, das lediglich mit großen Tafeln auf die Parkmöglichkeiten der Stadt verweist, ohne einzelne freie Plätze zu nennen, käme da natürlich billiger, hat aber kaum Lenkungsfunktion. Allerdings könnten auch hier schon Details für Verbesserungen sorgen. Beispielsweise eine kleine Namensänderung: Ein Parkhaus-Ost liegt nur wenige Meter vom Stadtplatz entfernt, wird von auswärtigen Autofahrern aber aufgrund des Namens im Osten der Stadt verortet. Ganz anders wäre da die Akzeptanz, wenn aus dem „Parkhaus-Ost“ ein „Parkhaus-Zentrum“ würde. Und ein großer Tafel-Aufdruck mit dem Wort „kostenlos“ würde den Großparkplatz Am Hagen sicherlich noch mehr in den Autofahrer-Fokus rücken.
Ende des Jahres soll die Studie fertig sein. Dann wird möglicherweise eine Kombination aus dynamischen und statischen Komponenten herauskommen: Einfache Hinweistafeln an den Einfallstraßen und im Innenbereich auf Funksignale reagierende Tafeln, die freie Plätze aufzeigen.
Ausweichparkplätze an der Westtangente
Auch ein weiteres Problem will die Stadt lösen: die Verknappung der Parkplätze während der Volksfestzeit. An die acht Wochen ist der Hagen jedes Jahr im Sommer für die Parker gesperrt. Bislang konnte in dieser Zeit das Gelände bei der früheren Ziegelei Mayr an der Geiselhöringer Straße als Ausweichfläche benutzt werden. Doch hier gibt es Baupläne. Damit in Zukunft keine Parkplatz-Engpässe entstehen, erweitert die Stadt für eine halbe Million Euro eine bereits bestehende kleinere Ausweichfläche an der Westtangente. 500 weitere Autostellplätze werden dort entstehen. Das entspricht in etwa der Zahl, die auf dem Mayr-Gelände verloren geht. Und wie vom Mayr-Gelände, soll auch von der Westtangente aus während der Hagen-Sperre ein Pendelbus Richtung Innenstadt fahren.
Tiefgarage oder innenstadtnahe Parkplätze?
Weil aber diese Plätze die am Hagen nicht ausgleichen können, ist der Wunsch nach mehr Parkplätzen in der Innenstadt weiter vorhanden. Doch darüber, wo sie entstehen sollen, gehen inzwischen die Meinungen im Einzelhandel auseinander. Während die einen noch auf der Tiefgarage am Theresienplatz bestehen, wie beispielsweise Kino-Besitzer Thomas Negele, wünschen sich andere einfach mehr innenstadtnahe Parkplätze. In diesem Sinn äußerte sich auch Werbegemeinschaftsvorsitzender Johannes Zeindlmeier auf der CSU-Podiumsdiskussion Mitte September.
Oberbürgermeister Markus Pannermayr nahm den Faden auf. Er zeigte sich dabei überzeugt, dass es Möglichkeiten gibt, in den nächsten Jahren auch ohne Tiefgarage 200 zentrumsnahe Parkplätze zu schaffen. Das Potenzial dazu findet sich womöglich entlang des Stadtgrabens. Dort liegen Viktualienmarkt, Wimmer-Parkplatz und das Woolworth-Gelände in unmittelbarer Nachbarschaft. Auch auf einem Papier aus dem Stadtplanungsamt wird dieses Gebiet als „mögliche Parkraumerweiterung“ eingezeichnet. Während die Stadtplanung den Viktualienmarkt aber eher als attraktives Eingangstor zur Innenstadt gestaltet sehen möchte, kursieren für den Wimmer-Parkplatz schon länger Pläne für eine Tiefgarage, die aber nicht so recht vorankommen. Und auch für das Woolworth-Gelände gibt es Begehrlichkeiten. Es war schon als zentrale Busumsteigestelle im Gespräch, erwies sich dafür aber als zu klein. Sein Name wird auch immer wieder genannt, wenn es um ein Parkhaus am südlichen Rand der Innenstadt geht.
„Einkaufen muss zum Erlebnis werden“
Auch nach Ansicht des Oberbürgermeisters sind gut erreichbare Parkmöglichkeiten wichtig, um eine attraktive Innenstadt zu schaffen – sie sind es aber nicht allein. „Um der wachsenden Konkurrenz vor allem aus dem Online-Handel zu begegnen, muss Einkaufen vor Ort zu einem Erlebnis werden“, erklärt Pannermayr und ergänzt: „Einzelhandel und Kommunen sind gemeinsam gefordert.“
Das Stadtmarketing habe in Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel mit verschiedenen Projekten und Veranstaltungen schon vieles bewegt und auf den Weg gebracht. „Diese Anstrengungen werden wir gemeinsam weiterverfolgen und ausbauen“, ist der Oberbürgermeister entschlossen und verweist dabei auf ein überarbeitetes Beleuchtungskonzept für den Stadtplatz oder die gestalterischen Möglichkeiten bei der geplanten Erweiterung der Fußgängerzone. Dass sich solche Anstrengungen lohnen, zeige der Ausbau von Fraunhoferstraße und Bahnhofstraße, sagt Pannermayr. Sie seien „gelungene Beispiele für wirkungsvolle Zukunftsinvestitionen.“