„Flüchtlingsintegration auch heute möglich“ Straubings SPD feiert im Alburger Fuchsbau ihren 70. Wiedergeburtstag
Vielleicht ist es kein Zufall, dass Olaf Sommerfeld nicht nur Straubings SPD-Chef, sondern auch Vorsitzender des Volkschores ist. Singen können sie nämlich in der SPD, besonders natürlich die Älteren, und an Älteren ist ja kein Mangel in der SPD. Noch vor Sommerfelds Eröffnungsrede wurde „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ angestimmt, eine der beiden Parteihymnen der Sozialdemokratie, und wenn man auch sagen muss, dass sich auch die Älteren bei der zweiten Strophe als nur bedingt textsicher erwiesen, klang es insgesamt doch durchaus überzeugend.
Pünktlich für 19.45 hatte Straubings SPD am Dienstagabend zu ihrem 70. Wiedergeburtstag in den Alburger Fuchsbau geladen, und wer den Symbolgehalt der ungewöhnlichen Anfangszeit nicht auf Anhieb verstand, dem ging durch Olaf Sommerfelds erste Worte ein Licht auf: Am 15. September 1945 hat die Partei ihre Wiederzulassung bekommen, deshalb die Feier am 15. September 19.45.
Ein bisschen war es wie ein Familienabend, an dem man ein bisschen im großen Fotoalbum blättert, „weißt du noch?“ sagt und immer wieder einen Bezug zu aktuellen Themen herstellt. Sommerfeld streifte zu Beginn durch die Parteigeschichte in Straubing und Deutschland, Werner Schäfer sprach die Flüchtlingslager an, die bis in die 60er Jahre den Straubinger Osten prägten, Alt-OB Reinhold Perlak arbeitete wirtschaftliche Leistungen der SPD heraus und zum Abschluss brachte der inzwischen 80-jährige langjährige Stadtrat Dieter Rähr heitere und auch ernste Anekdoten aus der Straubinger SPD-Geschichte.
Sommerfeld hatte zunächst die erfolgreiche Wiedergründung herausgestellt. „Wir sind keine Neugründung, das unterscheidet uns von unserer politischen Konkurrenz, die aufgrund ihrer Entscheidungen von 1933 einen Neuanfang machen mussten.“ Straubings SPD nahm damit den Faden vom 6. November 1904, ihrem Geburtstag, wieder auf. Es war eine erfolgreiche Wiedergründung: Zwei Wochen nach dem 15. September hatte Straubings SPD 90 Mitglieder, noch einmal vier Wochen später 250. „Das“, sagte Sommerfeld, „sollten wir als Maßstab sehen.“
Heute, das räumte er ein, leidet Straubings SPD an Mitgliederschwund. Als Tiefpunkt nannte Sommerfeld die Entwicklung in Ittling, wo der dortige Ortsverband nur noch zwölf Mitglieder hat. Sommerfeld forderte deshalb auf, jedes Mitglied solle innerhalb eines Jahres ein Neumitglied werben.
Nach ihm hinterfragte Werner Schäfer den damaligen Neustart: „Organisatorisch war es einer. Aber die Einheit der Arbeiterbewegung hat sich nicht durchgesetzt, die Unterschiede zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten waren zu groß.“ Alt-OB Reinhold Perlak arbeitete die prägende Figur des ersten SPD-Oberbürgermeisters Hermann Stiefvater in den 60er Jahren heraus. „Er hat die ersten Industrieansiedlungen gemacht, er hat das erste Altenheim gebaut. Das war der Beginn der Aufwärtsbewegung Straubings.“
Dieter Rähr, Fraktionsvorsitzender in den 70er Jahren und seit 60 Jahren in der Partei, berichtete zum Schluss aus dem Straubing der Nachkriegszeit, als innerhalb weniger Wochen 8 000 Flüchtlinge in einer 27 000 Einwohner-Stadt eintrafen, deren Wohnraum zu einem Viertel zerstört war. Seine Botschaft war, dass Flüchtlingsintegration auch heute möglich ist. Die SPD will sich dafür stärker engagieren. Geschäftsführerin Christine Schrock forderte die Lehrerinnen und Lehrer in der Partei auf, sich an Deutschkursen für Flüchtlinge zu beteiligen. „Wir haben so viele Lehrer. Wenn das nicht geht in einer Lehrerpartei, wo dann?“ - we -
Straubinger Tagblatt 17.09.2015, S. 28