Straubinger Tagblatt | Landkreis Straubing-Bogen | 20.03.2017
Generationenwechsel beim SPD-Unterbezirk und die Frage „wer hier wen wachküsst“
Von Uschi Ach
Straubing-Bogen. Reibungslos ging die Übergabe des Vorsitzes des SPD-Unterbezirks Straubing von Heinz Uekermann an Dr. Olaf Sommerfeld über die Bühne, und auch die restliche Ämtervergabe war unspektakulär. Sympathisch und überzeugend in der Argumentation war die Rede der Bundestagskandidatin Johanna Uekermann zum Thema „Gerechtigkeit“.
Im Unterschied zur Landkreis-SPD, bei der der Nürnberger SPD-Landesparteitag tiefe Wunden gerissen hatte, scheint die Abstimmung an der 29-jährigen Johanna Uekermann spurlos vorübergegangen zu sein. Sie blickte beim SPD-Parteitag am Freitagabend im Gasthaus Rohrmeier in Feldkirchen zuversichtlich nach vorne und stärkte dem SPD-Frontmann Martin Schulz kämpferisch den Rücken.
„Wir treffen den Nerv, drum sind die anderen genervt“, kommentierte der anfangs noch kommissarische Leiter des Unterbezirks (UB), Olaf Sommerfeld, die derzeitige Lage. „Johannas Kampf um den Listenplatz hat Spuren hinterlassen.“ Er verstehe es zwar, dass viele SPD-Mitglieder von ihren Ämtern zurückgetreten und manche sogar aus der Partei ausgetreten sind, die Partei aber brauche alle Mitglieder. Deshalb forderte er dazu auf, die Augen nach vorne zu richten und dafür zu kämpfen, dass der Listenplatz 26 auf der SPD-Kandidatenliste für die Bundestagswahl für Johanna Uekermann ausreicht. Und Olaf Sommerfeld war zuversichtlich: „Martin Schulz hat uns wachgeküsst.“
Kuss von Schulz? Unnötig!
Wer die früheren Reden und Fernsehauftritte von Johanna Uekermann verfolgt hatte, weiß allerdings, dass die 29-Jährige keinen Kuss von Martin Schulz braucht, um wach zu werden. Lange vor dem Schulz-Hype überzeugte sie als hellwache Bundesvorsitzende der Jusos mit klaren Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit. Und deshalb wird es eher so sein, dass Martin Schulz froh ist, eine Johanna Uekermann in der Hinterhand zu haben.
Am Freitag zeigte die inzwischen sehr redegewandte Uekermann, wie so ein Wach-Halten für Schulz aussehen könnte. Klar und kompromisslos vertrat und erklärte sie den Slogan „Zeit für Gerechtigkeit – Zeit für Martin Schulz“. Die politischen Gegner selbst hätten kein Rezept für die derzeitige gesellschaftliche Lage in Deutschland. Deshalb würden sie Dreck auf Martin Schulz schmeißen, der allerdings an ihm wie bei einer Teflonbeschichtung abpralle.
„Wir schauen genauer hin“
Die SPD rede Deutschland nicht schlecht, wie es die politischen Gegner der Partei derzeit vorwerfen, die SPD schaue nur genauer hin. Und da sehe sie, dass es mit der sozialen Gerechtigkeit nicht allzuweit her ist. Die Schere zwischen Arm und Reich klaffe immer weiter auseinander, noch immer sei es für die Kinder entscheidend, welcher Gesellschaftsschicht ihre Eltern angehören. Reiche könnten sich alles, Arme nur noch wenig leisten, und die Jugend werde am Arbeitsmarkt durch Knebelverträge ausgebeutet. „Die Union verkennt die Probleme der Menschen“, so Uekermann. Auf den ersten Blick gehe es uns Deutschen zwar gut, aber nur an der Oberfläche.
Die Frage „wie mehr Gerechtigkeit aussehen könnte“ beantwortete sie mit Blick auf den Arbeitsmarkt mit gerechteren Löhnen auch für Auszubildende und mehr Planbarkeit durch weniger prekäre Beschäftigungsverhältnisse für die Jugendlichen. Schließlich sorgten befristete Arbeitsverhältnisse dafür, dass die Menschen finanziell oftmals jahrelang in der Luft hängen, da sie beispielsweise keine Kredite bekämen. Und dass die Agenda 2010 endlich korrigiert werden müsse, stehe außer Frage. Hier müssten Arbeitslose zukunftsweisend auch bei der Digitalisierung weiterqualifiziert werden.
Für eine gerechtere Gesellschaft brauche es eine Umverteilung und nicht zuletzt – mehr Geld. Auch darüber hat sich die SPD eigene Gedanken gemacht. So soll der Spitzensteuersatz erhöht und gegen Steuerflüchtlinge vorgegangen werden. „Auch Unternehmer und reiche Bürger müssen zur Kasse gebeten werden. Ich meine dabei aber nicht Omas kleines Häuschen, sondern die Milliardäre.“ Das eingenommene Steuergeld werde gerecht umverteilt und soll in Bildungseinrichtungen, Infrastruktur und sozialen Wohnungsbau investiert werden.
Wichtig war es Uekermann auch, darauf hinzuweisen, dass die Rentner nicht vergessen werden dürfen. Vielen alten Menschen drohe die Altersarmut. „Deshalb müssen wir das Rentenniveau unbedingt bei 50 Prozent festlegen.“ Ihre Vision ist ein Mehr an Europa, allerdings ein sozialeres und offeneres Europa, eines, in dem die Lasten solidarisch verteilt werden.
„Pronold ist unanständig“
Der Generationenwechsel wäre sowieso gekommen, sagte Heinz Uekermann in seinem kurzen Rückblick auf die vergangenen sechs Jahre als UB-Vorsitzender. Er erinnerte noch einmal an den Nürnberger Landesparteitag, bei dem seine Tochter Johanna nur auf den 26. Platz gesetzt wurde. Dies hatte ihn und viele andere SPD-Mitglieder dazu veranlasst, Parteiämter oder sogar das Parteibuch zurückzugeben. Als „einfach unanständig“ bezeichnete er das Verhalten des Landesvorsitzenden Florian Pronold. Dieser wisse schon seit zwei Jahren, dass er nicht mehr als Landesvorsitzender kandidieren wird.
Als Vorsitzender habe er immer versucht, den Stadt- und den Landkreisverband zusammenzuführen. Seine Erfolgsliste reichte vom Donauausbau über die Energiepolitik bis zum sozialen Wohnungsbau in Stadt und Land, dem ZVI und ZAW. Für sein jahrelanges Engagement wurde er mit stehendem Beifall und einem Geschenkkorb verabschiedet. „Ich habe gerne gearbeitet“, sagte Kassier Willi Maas. Jetzt sei er 75 Jahre und lege deshalb aus Altersgründen sein Kassiereramt nieder. Sollte er gesundheitlich fit bleiben, werde er gerne zu den SPD-Versammlungen kommen und sein Wort erheben, „wenn etwas ungerecht ist“. Maas erhielt ein kleines Geschenk vom SPD-UB für sein neues E-Bike und für sein jahrzehntelanges Engagement einen langen Applaus.
Vorstand und Delegierte
Reibungslos und ohne große Zwischenfälle verliefen die Wahlen. Als Vorsitzender und somit Nachfolger von Heinz Uekermann wurde Olaf Sommerfeld gewählt. Er versprach, den Unterbezirk gut weiterzuführen. Seine Stellvertreter sind Jürgen Karbstein, Martin Kreutz und Johanna Uekermann. Kassier ist Robert Pfannenstiel. Schriftführer Hans Braun, Orga-Leiter sind Theo Göldl und Gerd Kellner. Beisitzer sind Katrin Stibbe, Katrin Panten, Petra Penzkofer-Hagenauer, Eva Geisperger, Nail Demir, Stefan Diewald, Julian Guggeis, Marvin Kliem, Martin Schießwohl, Peter Stranninger, Ludwig Voglmeier, Ludger Bruggemann, Rainer Pasta und Heinz Uekermann. Zu Revisoren wurden Edith Zitt und Bernd Menacher gewählt.
Eine kleine Unstimmigkeit gab es bei der Wahl, die Arbeitsgemeinschaften betreffend. Auch hier wirkte der Nürnberger Parteitag nach, in dessen Folge die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft 60+, Irene Ilgmeier, zurückgetreten war. Dass dieser Arbeitskreis nun aufgelöst werden könnte, passte Herta Neumeier, seit 70 Jahren SPD-Mitglied, überhaupt nicht und so wies sie sichtlich genervt darauf hin, dass dies die aktivste Arbeitsgemeinschaft sei und deshalb am Leben erhalten werden müsse. Nach ihrer kämpferischen Wortmeldung, bei der sie in ihrer Argumentation Johanna Uekermann um nichts nachstand, ließ sich Werner Schäfer zum 60-plus-Vorsitzenden wählen. Die Arbeitsgemeinschaft Jusos leitet Lukas Butterworth, die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) Erhard Fendl.
Delegierte zum Landesparteitag sind Johanna Uekermann, Olaf Sommerfeld und Marvin Kliem; Ersatzdelegierte Christine Schrock, Martin Kreutz, Robert Pfannenstiel, Lukas Butterworth, Peter Stranninger und Hans Braun.
Delegierte zum Bezirksparteitag: Johanna Uekermann, Olaf Sommerfeld, Christine Schrock, Katrin Stibbe, Martin Kreutz, Robert Pfannenstiel; Ersatzdelegierte: Lukas Butterworth, Gerd Kellner, Marvin Kliem, Peter Stranninger, Hans Braun, Andreas Ginglseder.
Die Schiedskommission – „die wir hoffentlich nie brauchen werden“ – setzt sich aus Walter Wittmann, den Stellvertretern Christa Brunner und Hans Lohmeier sowie den Beisitzern Xaver Diewald, Gabi Lehner, Reinhold Perlak und Christine Sommerfeld zusammen.