„Grund und Boden sind knapp“

04. November 2015

Straubinger Tagblatt | Straubinger Rundschau | 04.11.2015

Das PtH-Kamingespräch untersuchte die Frage, wie schwierig Straubings Wohnsituation ist

Die Bundesregierung muss wieder Programme für den sozialen Wohnungsbau auflegen. Das forderten die Teilnehmer des diesjährigen Kamingesprächs des Vereins „Power trotz Handicap“ (PtH). Mit Moderatorin Sonja Ettengruber hatten am Montagabend in der Wildschenke der Chef der städtischen Wohnungsbau GmbH (WBG), Günter Krailinger, CSU-Stadtrat Martin Wackerbauer und SPD-Stadtrat Peter Stranninger die Wohnungssituation in Straubing diskutiert.

Sonja Ettengruber zitierte aus der Studie eines Fachinstituts: „Straubing muss 3,1-mal so viele Wohnungen bauen wie bisher.“ Dem widersprach keiner. Nur: Unter den derzeitigen Vorzeichen dürfte das kaum gelingen. Bauen außerhalb des Hochpreissegments rechnet sich derzeit nicht, darin waren alle einig. Martin Wackerbauer forderte deshalb ein Programm, „dass auch private Bauträger wieder zu einem vernünftigen Mietpreis bauen können“, WBG-Chef Krailinger assistierte: „Private müssen wieder aktiviert werden. Anreize müssen geschaffen werden.“ Krailinger brachte dazu Zahlen: „Anfang der 90er-Jahre war das Verhältnis von öffentlichen und privaten Bauträgern 30 zu 70. Heute gehen die privaten Träger gegen null. Die müssen wieder ins Boot.“ Peter Stranninger stellte die Frage, ob die immer höheren energetischen und baulichen Vorschriften nicht inzwischen zu hoch sind: „Sind die hohen Standards beim Bauen zielführend ?“

An der Stelle kam allerdings Widerspruch von Wackerbauer: „Für ein Einschränken des energetischen Bauens bin ich nicht zu haben. Das wäre kurzfristig gedacht.“ Energetisches Bauen senkt schließlich Nebenkosten, war sein Argument. Aber auch Wackerbauer sieht grundsätzlich eine Überregulierung am Bau, die zu hohen Baukosten führt: „Da müssen Gesetze geändert werden.“ Als spezielles Problem in Straubing wurde die Grundstückssituation diskutiert. „Wir müssen daran arbeiten, dass die Stadt Grundstücke zum Bauen hat“, sagte Wackerbauer, denn in der städtischen Pipeline befindet sich nicht mehr allzu viel. „Grund und Boden sind knapp“, befand auch Stranninger und schlug mit dem Hinweis auf etliche aufgestockte WBG-Häuser vor: „Aber man kann auch in die Höhe denken.“

Leider sind auch dem durch staatliche Vorschriften Grenzen gesetzt. Wackerbauer verwies darauf, dass aufgestockte Häuser neue Abstandsflächen zu Nachbarhäusern brauchen, was in vielen Fällen nicht umsetzbar ist. Der Gesetzgeber, machte er klar, sollte hier deshalb die Abstandsflächenregelung ändern. Das war ganz im Sinne Krailingers: „Das unterstütze ich zu 100 Prozent.“

Einer Meinung waren beide auch bei Straubings wohnpolitischem Streitthema Nummer eins: Verkauf des WBG-Gebäudes Pfauenstraße, ja oder nein ? „Ja“, sagten beide, denn dann hätte die WBG Geld und Ressourcen für den 200 Millionen Euro schweren Sanierungsstau im 2 200 Wohnungen großen WBG-Portfolio. SPD-Mann Stranninger vertrat hier die Gegenposition: „Wenn ein Privater die Pfauenstraße ertüchtigen kann, kann das die WBG auch“ und erhielt dafür Zustimmung von ÖDP-Stadtrat Georg Dasch im Publikum. Krailingers Konter: „Natürlich können wir das. Aber dann sind unsere Kapazitäten zwei bis drei Jahre komplett gebunden. Quartiersentwicklung geht dann nicht.“

Möglicherweise steht die Entscheidung des Streits kurz bevor. Am 30. November soll das Thema im Stadtrat besprochen werden. Georg Dasch schlug dazu listig einen Kompromiss vor: „Wenn die Pfauenstraße verkauft wird, muss man eben schauen, dass die WBG 150 neue Wohnungen baut.“ Darauf Wackerbauer: „Wenn Sie Grundstücke finden.“ Also keine Grundstücke, zu wenig Förderprogramme, aber zu viele Vorschriften und Bevölkerungswachstum: Da fragt man sich unwillkürlich, wie lange WBG-Chef Krailinger noch sagen wird: „Ich weigere mich, in Straubing von einer Wohnungsnot zu sprechen.“ Bislang, sagt Krailinger, ist es nur „eine Wohnungsknappheit.“ - we -

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