CSU scheinheilig

14. September 2018

STRAUBINGER RUNDSCHAU, Seite 32, FREITAG, 14. SEPTEMBER 2018 LE­SER­BRIEF

Zum Leserbrief „SPD nicht sozial“ von Hans Ritt vom 13. September.

Hans Ritt fehlt ja leider jedwede juristische Expertise. Ich gebe ihm daher gerne kurz kostenlose Nachhilfe: „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Eine einfache Regel. Die CSU sollte sie eigentlich aus dem Debakel „Betreuungsgeld“ kennen. Schon das wurde vom Verfassungsgericht genau aus diesem Grunde einkassiert. Die bayerische Staatsregierung hat es nun abermals versäumt, das neue Familiengeld juristisch so zu gestalten, dass es rechtssicher ist, konkret: unter eine Ausnahmeregelung bei der Anrechnung von Einkommen auf Leistungen der Grundsicherung fällt. Nach dem Bundesrecht – hier Sozialgesetzbuch II – müssen Behörden das zusätzliche Einkommen „Familiengeld“ mit Hartz-IV-Zahlungen verrechnen. Dies ist der bayerischen Staatsregierung beim Erlass bekannt gewesen. Das weiß auch Hans Ritt. Aber wer wie die CSU mit dem Rücken zur Wand steht, vergisst offensichtlich Anstand und Moral.

Die CSU hat sich vor allen Dingen auf Bundesebene auch nie für eine Änderung der geltenden Rechtslage im Bund eingesetzt. Im Gegenteil: Gerade die CSU hat in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass Anreize erhalten bleiben sollen, aus der Sozialhilfe herauszukommen. Jetzt plötzlich zieht Hans Ritt Argumente aus der Schublade, die er sonst immer verteufelt hat und inszeniert sich als Kämpfer für finanziell schwächere Familien. Herrn Ritt sage ich: Der Kampf für Sozialschwächere sollte (...) die gesamte Legislaturperiode andauern, und nicht nur die letzten fünf Wochen vor der Wahl. Und vor allen Dingen sollte er nicht nur vorgetäuscht sein. So ist das im höchsten Maße unglaubwürdig. Statt eines Leserbriefes hätte er einen Brief an (...) MdB Alois Rainer schicken sollen. Eltern in unserem Land sollten sich darauf verlassen können, dass die Staatsregierung klärt, wie es um die Anrechnung einer neuen Familienleistung bestellt ist, bevor sie Hoffnungen und Erwartungen schürt, die sie dann nicht erfüllen kann. Hätten Söder und Ritt ihre Hausaufgaben gemacht, müssten finanziell schwächere Familien nicht zittern, ob sie das Familiengeld zurückzahlen müssen und – das ist ja der Gipfel – ob sie dann durch die Streichung von Leistungen wie dem Landeserziehungsgeld nicht sogar schlechter dastehen als bisher!

Ich als Landtagskandidat der SPD und die Bayern-SPD fordern Investitionen in Familien, die allen helfen. Eine gebührenfreie Kita plus einer eigenständigen Kindergrundsicherung – das ist unser Weg. Und der ist sozial und nachhaltig. Nur so bieten wir allen Kindern die besten Startchancen von Anfang an.

Dr. jur. Olaf Sommerfeld Landtagskandidat (SPD)

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