Am 4. November 1904 ist der erste sozialdemokratische Ortsverein in Straubing gegründet worden. Seitdem sind 120 Jahre vergangen, in
denen die örtliche SPD Zeiten des Aufstiegs und Niedergangs erlebte, des scheinbaren Endes und der Wiedergeburt. Anlass genug, um im Jahr 2024 dieser Zeit zu gedenken.
Die Straubinger Sozialdemokraten taten es mit einer Reihe von Veranstaltungen:
Ein Spaziergang zu den Stätten der SPD in unserer Stadt,
ein großer Festakt mit Bundesministerin Klara Geywitz, ein Totengedenken im Friedhof, die Verleihung der Willy-Brandt-Medaille an Altoberbürgermeister Reinhold Perlak.
Eine bemerkenswerte Publikation
Zum Abschluss erschien nun eine Festschrift zu "120 Jahre SPD Ortsverein Straubing", mit Beiträgen von Altbürgermeister Hans Lohmeier, Bürgermeister Werner Schäfer und einem besonderen wissenschaftlichen Aufsatz von Stadtarchivarin i.R Dr. Dorit-Maria Krenn.
Nun wurde die Festschrift in der neuen SPD-Heimstatt in der Koppgasse vorgestellt. Nach der Begrüßung durch den stellvertretenden Bezirksvorsitzenden und Bundestagskandidaten Marvin Kliem, der auch einen optimistischen Blick auf
die bevorstehenden Bundestagswahlen warf, dankte Unterbezirksvorsitzender Peter Stranninger allen an der Festschrift Beteiligten.
Mitautor und Schriftleiter Werner Schäfer dankte besonders der Mediengestalterin Margot Mittermeier vom Verlag Attenkofer und verwies dann auf eine Besonderheit in der sozialdemokratischen Erinnerungskultur Straubings: Diese Publikation ist die fünfte ihrer Art in den vergangenen 60 Jahren, wobei jede Festschrift seit 1964 einen eigenen Charakter aufwies, von der klassischen Chronik über das Gedenken an das Wirken herausragender Persönlichkeiten bis zur Erläuterung von Zeitungsartikeln und Schlagzeilen und Interviews in der neuen Buchbroschüre.
Ein erster Parteisekretär und harte Oppositionsjahre.
In der folgenden Mischung aus Lesung und Kommentar hob Werner Schäfer mit Blick auf die ersten 70 Jahrzehnte eine Sozialdemokratin hervor, die schon längst einen Straßennamen auch in Straubing verdient: die langjährige Reichstagsabgeordnete für Niederbayern und Straubing in der Zeit der Weimarer Republik Antonie Pfülf.
Stadtarchivarin Dr. Dorit Maria lieferte mit der ihr eigenen wissenschaftlichen Präzision eine Abhandlung über den ehemaligen Bundesminister Hans-Jürgen Wischnewski, der als Ostpreuße am Ende des Zweiten Weltkriegs auf Gut Eglsee eine Existenzgrundlage und in Straubing' seine erste politische Heimat gefunden hatte. Am 1.Mai 1947 wurde er der erste hauptamtliche Parteisekretär des "Kreisverbands Straubing der SPD". Bis in das hohe Alter zeigte er sich der Familie Beckmann auf Gut Eglsee und der Stadt Straubing dankbar verbunden.
Die zwölf Jahre erfolgreichen Wirkens der Straubinger SPD unter Oberbürgermeister Hermann Stiefvater bleiben zwar in dieser Festschrift nicht unerwähnt, Hans Lohmeier konzentrierte sich jedoch in seinem umfangreichen Beitrag auf die Jahre 1972 bis 1990, auf die Zeit zwischen dem Verlust von Oberbürgermeisteramt und Stadtratsmehrheit 1972 und der Wiedergewinnung der Stadtspitze unter Fritz Geisperger und bemerkte: "Grundsätzlich kann man sagen, die politische Arbeit wurde fast immer durch Auseinandersetzungen mit der CSU im Stadtrat, in der Stadt, geprägt, die von uns konsequent politisch geführt wurde - umso mehr als wir uns der Wahl 1990 genähert hatten".
Die von Lohmeier publizierten Zeitungsausschnitte und Schlagzeilen offenbaren in der Tat bemerkenswert harte politische Konflikte und eine häufig ausgesprochen agitatorische Vorgehensweise des damaligen CSU-Fraktionsvorsitzen Friedrich Schmid. Es ging aber auch zum Beispiel um die Fußgängerzone, die Verkehrsplanung und den Verein "Die Türmer" unter Leitung von Hans Vicari.
Zum Ausklang: Ehrung langjähriger SPD-Mitglieder
In Form eines Interviews blickt Werner Schäfer vor allem auf die
Ära der SPD-Oberbürgermeister Fritz Geisperger und Reinhold Perlak 1990 bis 2008 und fragt nach dem, was blieb und was fortgeführt wurde. Er sieht dabei zum Beispiel die Wurzeln und Grundlagen für die erfolgreiche Entwicklung des Kompetenzzentrums für Nachwachsende Rohstoffe und des Wissenschaftsstandortes hin zum TUM Campus in dieser Zeit ebenso wie den Ausbau der Gewerbeansiedlungen und des Donauhafens Straubing-Sand. Zu den größeren Bauwerken mit bleibender Wertschätzung zählen nicht zuletzt die Joseph-von-Fraunhofer-Halle und der Salzstadel als Heimat für Bibliothek und Stadtarchiv.
Hans Lohmeier erläutert ebenfalls in einem Interview in der Festschrift Erfahrungen und Erlebnisse seiner zwölf Jahre als dritter Bürgermeister von 2008 bis 2020. Ab
schließend äußern sich Ernst und Christof Moser aus der sozialdemokratischen Traditionsfamilie und zwei ganz junge Parteimitglieder, und ein Tagblatt-Artikel erinnert noch einmal an die Verleihung der Willy-Brandt-Medaille.
Die Veranstaltung klang aus mit der Ehrung langjähriger Mitglieder: Ingeborg Rähr (60 Jahre SPD-Mitgliedschaft), OV-Vorsitzender Jürgen Karbstein, stellvertretender Bezirksvorsitzender Marvin Kliem (zehn Jahre), Johann Aichinger (30 Jahre) und Alt-OB Reinhold Perlak mit Willi Maas (50 Jahre).